Geduld ist die Schnittmenge zwischen Mutter, Autorin und Corona.
Als Mutter ist die Disziplin des Wartens bekannterweise eine der wichtigsten: Warten, dass die Kinder rollen, sitzen, krabbeln, laufen, sprechen. Alle anderen können das doch schon. Wenn der Sprössling endlich brabbelnd durch die Gegend rennt, geht es erbarmungslos weiter mit dem Warten. Warten, dass Einstein 1.0 nicht mehr in die Hose macht, endlich Gemüse isst, in der Kita eingewöhnt ist, zur Schule geht, vielleicht mal die eine Eins schreibt, die einem selber in der Schullaufbahn immer verwehrt wurde. Wenn auch diese Ziele erreicht sind und man Teenager als muffelige, nicht zahlende Untermieter hat, wartet man, dass sie Abends nach Hause kommen (bevorzugt zur verabredeten Zeit), ob und wann sie den ersten Freund oder Freundin nach Hause bringen und vor allem natürlich, wann genau sie wohl das 84-Tafelservice aus ihrem Zimmer in die Küche schleppen, damit man selber sein Müsli vielleicht mal nicht direkt aus dem Karton und sogar mit Milch genießen kann.
Und als Autorin wartet man, während man auf die Meilensteine des Nachwuchses wartet, gleich noch ein bisschen mehr. Auf die beste Buchidee jemals, dann die genialste Anschlussidee aller Zeiten, die günstig wäre, wenn man 5.000 Worte geschrieben hat und es nicht weitergeht. Sollte es weitergegangen sein, wartet man auf das tollste Cover der Buchgeschichte, dass das Korrektorat endlich fertig ist, dass Amazon das Buch freigibt und nun geht es erst richtig los: Man wartet auf den ersten Leser. Dann den zweiten. Dieses Warten hört übrigens nie auf. Egal, wie viele Leser man erreicht hat, man wartet immer auf den nächsten. Autoren sind unersättlich, was Leser angeht.
Und seit einem Jahr verlangt uns Corona noch mehr geduldiges Warten ab: auf Testergebnisse, gute Nachrichten von erkrankten Freunden und Verwandten, dass die Läden wieder aufmachen, dass man zum Friseur darf oder ins Nagelstudio, Fitnessstudio oder welches Studio auch immer.
Warum ich all das schreibe? Keine Ahnung, ich bin befinde mich gerade mitten in der Schnittmenge des Wartens: Ich warte als Autorin auf die ultimative Eingebung für das Ende des nächsten Krimis, als Corona-Bürger auf meinen ersten Friseurtermin seit 7 Monaten und als Mutter darauf, dass ich ins Bad kann, das wird seit einer Stunde von Teenie 1 blockiert.
Und beim Warten hat man bekanntlich die merkwürdigsten Gedanken, so wie die Sache mit der Schnittmenge.
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